Beyond Tradition | Schrift- und Heimatmuseum Bartlhaus
Die Kalligrafie-Ausstellung Beyond Transition im Schrift-
und Heimatmuseum Bartlhaus in Pettenbach spielt mit einem der Leitthemen
des Kulturhauptstadtjahres Bad Ischl - Salzkammergut 2024, der
Tradition.
Dazu werden vom 27. April bis 27. Oktober 2024 Werke von vier international
renommierten Kalligrafinnen und Kalligrafen präsentiert, die auf der
jahrhundertealten Tradition dieser Kunst des schönen Schreibens basieren, sie aber
jeweils auf sehr individuelle Art und Weise überschreiten und weiterentwickeln.
Die Sonderausstellung konnte mit Unterstützung der Europäischen
Kulturhauptstadt 2024 Bad Ischl - Salzkammergut realisiert werden. Das
Bartlhaus freut sich, Projektpartner dieser großen Kulturinitiative zu sein.
Künstlerinnen und Künstler:
Marina Soria aus Argentinien gestaltet Kalligrafien, die sich in
Farbigkeit und Textur an historischen Textilien aus Südamerika orientieren. Sie
wird diese gemeinsam mit den traditionellen Webarbeiten ausstellen. Die Künstlerin
ist besonders fasziniert von antiken Textilien aus den Anden. Diese stehen in
Zusammenhang mit den Schöpfungsmythen der vorspanischen Kulturen, vermitteln
Bedeutungen und erzählen Geschichten vergleichbar einer Sprache. Weitere Parallelen
zwischen dem Schreiben und dem Weben liegen für die Künstlerin in der Kombination
von Strichen und Buchstaben, die sie auf dem Papier verwebt, sowie in dem
gemeinsamen Wunsch, eine ideale und absolute Ordnung zu finden. Sowohl das
Schreiben als auch das Weben empfindet sie als weibliche Disziplinen, in deren
Verfeinerung eine große innere Kraft liegt und deren langsame Herstellung gemeinsam
mit dem Willen zur Perfektion, der Konzentration und dem ästhetischen Anspruch
sowohl den Ausführenden als auch den Betrachtenden besonderes Vergnügen
bereiten.
Izzy Pludwinski aus Israel zeigt Kalligrafien, die sich aus der
Tradition der hebräischen Kalligrafie speisen und diese mit einem zeitgenössischen
Blick kombinieren. Er legt seinen Fokus in dieser Präsentation auf den Inhalt
seiner Arbeiten. Diese reflektieren, oft mit den traditionellen Worten aus den
heiligen Schriften des Judentums, menschliche Fragestellungen, die auch in der
Gegenwart äußerst relevant sind. Die Titel seiner Arbeiten liefern oft
Gegensatzpaare, bestehend aus einer starken Emotion und einem Begriff, der dazu in
einem dynamischen Verhältnis steht. Die visuelle Umsetzung spiegelt dieses
Spannungsverhältnis wider und kombiniert in manchen Arbeiten gestische
Pinselkalligrafie mit digitalen Kompositionen. Auch der Völkermord an den
europäischen Jüdinnen und Juden während des Nationalsozialismus, von dem auch
die Familie Pludwinski direkt betroffen war, ist immer wieder Thema seiner
Arbeiten. Der Künstler verbindet sie mit der eindringlichen Frage nach Gottes
Verheißung des Lebens für die Gerechten im Angesicht des Todes so vieler Gerechter
im Holocaust.
Wissam Shawkat aus dem Irak, der heute in den Vereinigten
Arabischen Emiraten lebt, zeigt Arbeiten aus seiner Serie Calligraforms. Diese
Bezeichnung bezieht sich auf die Betonung der formalen Kriterien seiner
Kalligrafien. Er gestaltet Werke mit traditionellen arabischen Schriftzeichen, die
er anschließend als Collagen zu völlig neuen Formen zusammensetzt. Dadurch entsteht
ein eigenständiges Formvokabular, das an Schriftzeichen erinnert, diese jedoch
durch die Schnittstellen und neuen Zusammensetzungen immer wieder bricht. Shawkat
befreit die Schriftzeichen von ihrer inhaltlichen Funktion und konzentriert sich
auf die grafischen Qualitäten, Rhythmus und Form. Er abstrahiert die ursprünglich
organischen arabischen Zeichen in Anlehnung an die künstlerischen Tendenzen der
klassischen Moderne und inspiriert von den Arbeiten des amerikanischen
Collage-Künstlers Cecil Touchon. Dadurch erzielt er völlig neue geometrische
Formationen, die er spannungsreich auf der Bildfläche anordnet. Der Künstler spielt
mit den inneren und äußeren Räumen der präzise gestalteten Schriftzeichen, ihren
Gestalten und den durch sie umschlossenen Leerräumen.
Der gebürtige Amerikaner Brody Neuenschwander, der seit vielen
Jahren in Belgien lebt, fordert das Medium der Kalligrafie auf mehreren Ebenen
heraus und nähert sich dabei der skripturalen und der Konzeptkunst. Er setzt keine
bestehenden Texte um, sondern schreibt in einem freien, assoziativen Prozess Worte,
Gedichte und Texte, die auf aktuelle gesellschaftliche Themen Bezug nehmen. Dazu
kombiniert er seine Kalligrafien mit Malerei, Typographie und integriert
historische Schriften und Drucke in Form von Collagen. In einem vielschichtigen
Prozess löscht er Geschriebenes wieder aus, überklebt Textzeilen und stanzt
Buchstaben teilweise in serieller Technik in seine großformatigen Werke. Er spielt
mit unterschiedlichen Materialien, gefundenen Objekten und Techniken, kombiniert
sie auf ungewöhnliche Art und Weise und erzielt dadurch völlig unerwartete
Ergebnisse. Wenn er die Seiten eines alten Buches in horizontale Streifen
schneidet, wirken die fragmentierten Buchstaben wie chinesische Schriftzeichen.
Durch seinen unkonventionellen und kreativen Zugang, eröffnet Neuenschwander völlig
neue Sichtweisen auf die Kunst der Kalligrafie.
Ausstellungsdauer: 27. April bis 27. Oktober 2024
Ausstellungseröffnung: 27. April 2024, 14:00 Uhr
Öffnungszeiten: Mittwoch 10:00 - 12:00 Uhr und 13:00 - 15:00 Uhr,
Samstag 14:00 bis 17:00 Uhr, Sonn- und Feiertage 10:00 bis 12:00 Uhr