03. Mai 2025 - 05. Okt. 2025

Museum Angerlehner

Ascheter Straße 54, 4600 Thalheim bei Wels

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Florentina Pakosta. Gegenbewegung | Museum Angerlehner

Das Museum Angerlehner in Thalheim bei Wels präsentiert vom 3. Mai bis zum 5. Oktober 2025 mit der Ausstellung Gegenbewegung erstmals die beiden wichtigsten Werkgruppen der großen Künstlerin Florentine Pakosta: ihre sarkastischen Montageblätter der 1970er und 1980er Jahre sowie die Trikoloren Bilder der letzten drei Jahrzehnte.

Florentina Pakosta, geboren 1933 in Wien, erlebt schon als Kind die Zerstörung des Zweiten Weltkriegs. Die Begegnung mit Soldaten, das ohrenbetäubende Erlebnis von Fliegeralarm und Bombenteppichen traumatisiert sie. Erfahrungen, die ihr späteres künstlerisches Werk von Angst prägen, dem Gefühl der Bedrohung, der Machtlosigkeit und Unterdrückung - bis heute.

Ab 1952 studiert Pakosta Malerei und Grafik, zuerst vier Jahre in Prag, anschließend in Wien und Paris. Die Lektüre von Simone de Beauvoirs "Das andere Geschlecht" und von Johann Jakob Bachofens Studien zu matriarchalen Gesellschaften, aber auch die Auseinandersetzung mit frauenfeindlichen Schriftstellern wie Otto Weininger bestärken Pakosta in ihrer feministischen Einstellung, in ihrer Kritik an männlichem Stolz, dem Machtstreben und Überlegenheitsgefühl, das sie früh in der Mimik und Körpersprache vergegenständlicht sieht.

In den ersten Jahren ihrer künstlerischen Karriere zeichnet Pakosta Prostituierte, Obdachlose, Alte und psychisch Kranke: die Vergessenen und Verlorenen der Gesellschaft. Ab 1965 wendet sie sich ausschließlich der Zeichnung und Druckgrafik zu, da ihr der Erwerb von teuren Ölfarben und Leinwänden aufgrund materieller Not trotz gelegentlicher Arbeit als Haushaltshilfe, Feldarbeiterin und Altenpflegerin unmöglich ist.

Nach der Auseinandersetzung mit Franz Xaver Messerschmidts späten "Charakterköpfen" Anfang der 1970er Jahre, widmet sich die Künstlerin Köpfen und Gesichtern als Ausdruck von Macht: Symbolfiguren männlicher Rollenbilder und deren zum Habitus gestockten rücksichtslosen Durchsetzungsstrategien. In überlebensgroßen Porträts von prominenten Herren in Machtposen löscht sie das Individuelle der Porträtierten zu Gunsten des Stereotypen. Mit der Linienführung der vom Kupferstich übernommenen disziplinierten Kreuzschraffur unterdrückt sie die freie Handschrift der Zeichnung.

In den 1970er und 1980er Jahren entstehen Pakostas bekannte satirische Montagezeichnungen, auf denen meist ein Mann mit Glatze - bar jeder Individualität, aber im Bewusstsein ihrer Überlegenheit - mit Attributen der Borniertheit, Gewalt und Macht verwächst: mit Bohrern, Zangen, Klodeckeln, Sägen und Scheren, Wasserhähnen und Tieren. Die Attribute sind untrennbarer Teil des Kopfes: typisierte Monumente eines männlichen Selbstverständnisses, Symbolfiguren des Patriarchats.
Einmal mehr ist das unauslöschbare Gefühl der Angst und Bedrohung Ausgangspunkt und Inhalt dieser grotesken Montagen von Männlichkeit und Herrschaft. Pakostas Verzicht auf ihre subjektive Handschrift in der Zeichnung, auf einen spontanen Strich, steigert den Ausdruck dieser gezeichneten Collagen. Diese virtuos in einer Spritztechnik geschaffenen Schablonenblätter sind von einer nüchternen Sachlichkeit, sodass sie jeglicher Komik entraten, die die Karikatur auszeichnen würde. Kein Witz federt die Wucht von Pakostas Anklage ab. Kein Lächeln kündet auch nur von einer Spur eines subalternen Einverständnisses mit den Herrschern der Welt.

Über die Zwischenstufe der Darstellung von physiognomisch und in ihrer Aufmachung gleichgeschalteten Männergruppen sowie anschließend von Stillleben, auf denen banale Alltagsgegenstände wie Schuhe, Briketts, Balken oder Schlüssel zu riesigen Haufen aufgestaut sind, steigert Florentina Pakosta die "Entmenschlichung" ihrer Bilder bis zur völligen Abstraktion: der Anfang der Trikoloren Bilder, der völligen Gegenstandslosigkeit ihrer Bildwelt. Aus der Erinnerung an die Bombardements, die Zerstörung der Dachlandschaften formen sich seit den späten 1980er Jahren konstruktivistische Kompositionen von skelettierten Dachstühlen und Sparren bis hin zu abstrakten geraden oder gebogenen Balken. Sie werden Jahrzehnte nach den traumatischen Kriegserfahrungen für Pakosta zum emotionalen Ausdruck für die Veränderungen der geopolitischen Landschaft nach dem Zusammenbruch des Eisernen Vorhangs.

So groß der Unterschied zu den sarkastischen Montageblättern mit ihren grotesken Verschmelzungen von Köpfen mit Tieren und Gegenständen auch sein mag, verarbeitet die Künstlerin in diesen Trikoloren Bildern ebenso ihre kindlichen Kriegstraumata wie ihre neuen Ängste. Sie sind die konsequente Fortsetzung einer Kunst, die mit einer abstrakten Sprache von demselben Drama erzählt wie die zuvor gezeichneten Monumente der Macht.

Zur Künstlerin:
Florentina Pakosta wurde 1933 in Wien geboren, wo sie lebt und arbeitet. In zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen waren ihre Werke zu sehen, unter anderem in der Wiener Secession, der Albertina, dem Belvedere, dem Leopold Museum, dem Wien Museum, dem Museum der Moderne Salzburg Rupertinum, dem Österreichischen Kulturinstitut in Rom oder dem Sprengel Museum Hannover. Ein bedeutender Teil ihrer künstlerischen Arbeit sind ihre Texte, welche in zahlreichen Publikationen veröffentlicht wurden, unter anderem im Verlag Bibliothek der Provinz oder dem Ritter Verlag.

Kurator der Ausstellung: Prof. Dr. Klaus Albrecht Schröder, Generaldirektor der Alberina em.


Ausstellungsdauer: 3. Mai bis 5. Oktober 2025
Ausstellungseröffnung: 3. Mai 2025, 15:00 Uhr
Öffnungszeiten:
Samstag 14:00 - 18:00 Uhr, Sonntag 10:00 - 18:00 Uhr | Montag bis Freitag auf Anfrage (nur für Gruppen)