Kaiser Franz Joseph - wie sein Mythos gemacht wurde/entstand | Vortrag von Dr. Gerhard Stadler im Museum der Stadt Bad Ischl
Am Freitag, 19. August, um 19:30 Uhr lädt das Museum der Stadt Bad Ischl zum
Vortrag von Dr. Gerhard Stadler: Kaiser Franz Joseph - wie sein Mythos gemacht
wurde/entstand
Eintritt freiwillige Spende
Der Kaiser als Symbol seines Staates
oder The first making of an omnipresent image
Mit Kaiser Franz Joseph verbinden wir das Aussehen eines alten Herrn mit gepflegtem
Vollbart, schütterem Haar, ernstem, doch nicht hartem Gesicht, sitzend oder
stehend, doch stets im hellen militärischen Uniformrock und Orden, jedenfalls dem
Goldenen Vlies. Gemälde des jungen Kaisers sind seltener und zeigen ihn oft mit
seiner Gattin Elisabeth. Dann folgte in mittleren Jahren die Periode einer
Darstellung mit wucherndem Vollbart und von seinen Ratgebern umgeben, die ihm in
Barttracht und Uniform immer ähnlicher werden. Bilder des Kaisers als Feldherr auf
dem Schlachtfeld, als Reiter an der Spitze seiner Truppen gibt es nicht; nur in
Manövern, von seinen Offizieren umgeben.
Dank neuer Druck- und Vervielfältigungsmethoden und der Erfindung der Photographie,
die sich ab 1850 auch in Österreich verbreitete, entstanden etwa ab seinem
vierzigsten Regierungsjubiläum 1888 Standardphotos, die bis zu seinem Tod 1916 mit
sechsundachtzig Jahren gleichblieben. Der Kaiser schien nicht weiter zu altern.
Hunderttausendfach gedruckt, war ein solcher Druck in unterschiedlicher Größe
Bestandteil jedes Amtszimmers, Klassenraums in jeder Schule, in den Kasernen,
Schlössern, ja bis zu den Wohnungen der einfachen Staatsbürger, mit einer Legende
in der jeweiligen Landes- oder Umgangssprache. So war der Kaiser und König auch in
Orten des riesigen Reiches, in die er trotz seiner zahlreichen Reisen nie gekommen
war, omnipräsent, und dies in den letzten Jahrzehnten der Monarchie in stets
gleicher Erscheinungsform; in vielen Städten kamen dazu Statuen des Kaisers in
gleicher Aufmachung. Ergänzend dazu war das Antlitz des Kaisers/König auf den Avers
der Münzen, auf Orden und den Briefmarken wiedergegeben.
Hinter dieser Verbreitung stand durchaus ein Kalkul seiner Ratgeber, das des
gemeinsamen Staatssymbols, des Friedens und der Loyalität ihm gegenüber in seinem
so viele divergierenden Völker umfassenden Großreich. Daher war man auch mit
Photographiermöglichkeiten recht freizügig und es gab damals auch schon recht viele
Privatphotographen. Da sich der Kaiser stets gleich darstellte, sind auch solche
"Schnappschüsse" sehr ähnlich und verstärkten das einheitliche "Image". Franz
Joseph soll mehr als einhundert Uniformen besessen haben, die dank seiner stets
schlanken Gestalt, die erst im hohen Alter leicht gebeugt war, kaum vom
Hofschneider geändert werden mussten: Es gab Uniformen in österreichischer und in
ungarischer Adjustierung, der Kaiser war Oberst-Inhaber zahlreicher Regimenter der
k.u.k. Armee und anderer Monarchen Europas. Und bei Zusammentreffen mit diesen oder
an Gedenktagen verlangte es das Protokoll, die Inhaber-Uniform der so geehrten
Formation oder die aus dem besuchten Landes/des besuchenden Monarchen
anzulegen.
Nur im republikanischen Ausland (Frankreich) oder für das Entrevue mit einer
Monarchin (Königin Victoria) tauschte der Kaiser die Uniform zugunsten eines edlen
schwarzen Anzuges, ohne Dekorationen. Sogar im Kreise der zahlreichen Familie war
der Kaiser stets in Uniform - wirklich privat sah man den Kaiser nur bei der Jagd:
Hier in Ischl in der lokalen Tracht mit kurzer Lederhose, von vier Uhr früh bis
mittags. Und der Jagdstutzen ist die einzige Feuerwaffe, mit der sich der Kaiser je
zeigte. Erzherzoginnen waren damals eifrige Photographinnen, doch was ihre
erhaltenen Alben zeigen, blieb immer im Rahmen des Protokolls.
In unserer heutigen, durch optische Medien beherrschten Zeit, folgen ja Politiker
und andere "Promis" einem solchen Verhaltensmuster - wer glaubt, in der
Öffentlichkeit, für die "Fans", dauernd präsent sein zu müssen.
Dr. Gerhard Stadler, Hobbyhistoriker und Kenner aller Länder der Donaumonarchie,
wird uns über diese zum Mythos gewordene Vergangenheit einführen, mit zahlreichen
Fotos und gewürzt mit Anekdoten.